Die Sonne lacht vom Himmel und der gut gebräunte Herr in Badehose am Picknicktisch neben uns lacht zurück. Aus einem kleinen Radio zu seinen Füßen dudelt italienischer Sommerpop, während die spiegelglatte See an uns vorbeizieht. Wo er wohl hin möchte? Wir wollen nach Lappland, Polarlichter gucken. So ganz will dieses Szenario nicht ins Bild passen, denn es ist März und wir sind nicht auf dem Mittelmeer unterwegs, sondern auf der Ostsee, auf dem Weg von Travemünde nach Helsinki. Aber das Letzte was ich tun werde ist, mich über gutes Wetter im Winter zu beschweren. Ich rücke die Sonnenbrille zurecht, lehne mich zurück und genieße mein Toast Skagen. Was für ein perfekter Auftakt!
In Helsinki steigen wir um in den Zug, der uns nach Rovaniemi an den Polarkreis bringen wird. Sicher wäre fliegen einfacher gewesen, schneller allemal. Erst dreißig Stunden mit der Fähre zu fahren und dann noch einmal acht mit der Bahn, finden viele zu viel, zu viel Zeit und viel zu langweilig. Das finde ich nicht! Diese Art zu reisen hat etwas unglaublich Entschleunigendes, und sie richtet das eigene Verhältnis zu Distanzen.
In zwei Tagen Wasser und abertausenden Bäumen erfahre ich, im wahrsten Sinne des Wortes, wie weit er wirklich weg ist, der Polarkreis. Aber ich kann mir derweil den Wind um die Nase wehen lassen oder am Bahnsteig von Vallapamppa den ersten Schneeball formen, mir eine Massage gönnen oder dabei zusehen, wie sich das Kleid der Wälder von grün zu weiß wandelt. Und das Essen im Bordrestaurant ist wirklich gut.
Pünktlich zur blauen Stunde rollt der Zug in den Bahnhof von Rovaniemi ein. Ein letzter goldener Streifen Sonnenuntergang verschwindet just am Horizont, als wir per Taxi zu unserer Unterkunft gebracht werden. Im Vergleich zu den vorigen Tagen sind die -20 Grad hier zugegebenermaßen eine Herausforderung, aber wir wollen raus, die Anlage erkunden. Dieses Winterwunderland ist einfach zu schön, als dass ich auch nur eine Sekunde verpassen möchte.