Kleiner Wandertag: In Imi Nifri besuchen wir eine Schlucht, die eine natürliche Brücke bildet. Eine ziemliche Kletterei, aber interessant. Einige Kilometer weiter der erste Tankstopp und die erste blöde Überraschung: Der Hinterreifen an einer BMW 750 GS ist platt. Ein krummer Nagel ist der Übeltäter. Was folgt, ist eine beeindruckende Einlage von Assis, der die Tour in einem Pickup begleitet. Er transportiert unser Gepäck, hat eine Ersatzmaschine auf der Ladefläche und natürlich Werkzeug dabei. Das Rad auf dem Hauptständer ausbauen, den Reifen mit Hilfe des Seitenständers von der Felge lösen, mit dem Montiereisen abziehen, einen neuen Schlauch in den Reifen ziehen, per Kompressor am Auto aufpumpen, Rad wieder einbauen - 25 Minuten später ist die BMW wieder fahrfähig. Von dem Moment an hat der zurückhaltende Assis den vollen Respekt der gesamten Gruppe.
Wir überqueren den Hohen Atlas auf einer Nebenstrecke. Verfahren können wir uns auf den nächsten 50 Kilometern nicht, also dürfen alle im eigenen Tempo fahren und Fotostopps nach Belieben einlegen. Die Passage beginnt mit Asphalt und geht weiter mit schlechtem Asphalt. Dann sind nur noch einzelne Asphaltflecken zu sehen, bis die Straße über viele Kilometer auf rotem, losem Untergrund verläuft. Nicht richtig Schotter, auch kein Sand, halt eine Naturstraße. Vielleicht sollte sie mal asphaltiert werden und die Vorarbeiten wurden gemacht, aber inzwischen hat sie so ihre Schlaglöcher. Es dauert nicht lange, und die gesamte Gruppe fährt im Stehen. Ich bin zu faul, um im Stehen zu fahren und lass das Fahrwerk den Job machen. Aber nachdem mir die KTM mit einem ordentlichen Schlag ins Kreuz gesprungen ist, habe ich es auch kapiert.
Schneebedeckte Gipfel in der Ferne, davor Felsen, Steine, Sand, Schotter in allen Farbtönen zwischen Ocker und Rot, die die Farbpalette zu bieten hat. Der Himmel ist auf eine mir unbekannte Art dunstig, als seien Sandpartikel in der Luft. Doch immer, wenn die Sonne durchkommt, erstrahlt die Landschaft in ihren Rot-Tönen. Was für ein Panorama! In dieser kargen Landschaft fällt jede Oase sofort ins Auge: Grüne Palmen, kleine Felder und Schilf am Ufer. Dort, wo Wasser ist, haben sich die Menschen niedergelassen. In den Dörfern herrscht geschäftiges Treiben. Wenn sich die Motorräder den Orten nähern, strömen die Kinder an die Straßen und winken. Manche Jungs wollen abgeklatscht werden und laufen neben den Motorrädern her. Reindert hatte uns eingeschärft, dass wir uns nicht darauf einlassen sollen, weil es zu Unfällen führen kann. Mich beschäftigt der Gedanke lange: Warum winken sie uns so begeistert zu? Was sehen diese fröhlichen Kinder in uns? Und wie wird ihre Zukunft aussehen?