Nur wenige Kilometer nördlich von Inari zweigt die Straße nach Karasjok in Norwegen ab. Aus einem unerfindlichen Grund bin ich die vorher noch nie gefahren, dieses Teilstück fehlt mir. Es ist das angekündigte Rollercoaster-Gefühl: Geradeaus rauf und runter in großen Wellen verläuft die Straße. Selten fand ich ein Überholverbot so sinnvoll: In den Senken kann man ganze Busse verstecken. Dann öffnet sich die Landschaft, mit der Brücke ist die Grenze nach Norwegen erreicht. Hätten wir nicht noch in Karasjok vergeblich nach einem Café gesucht, wären wir von Inari bis Alta 320 Kilometer mit vier Mal abbiegen gefahren.
Seit Jahren erzählen mir Freunde und Bekannte vom Alta Canyon. Deshalb buchen wir eine Bootsfahrt auf dem Fluß. Zum Einsatz kommen ausschließlich die typischen Langboote aus Holz. Das Befahren des Altaelv ist nur Einheimischen mit einer Lizenz erlaubt. Hintereinander sitzen wir in dem schmalen Boot, in zügiger Fahrt geht es durch den breiten, aber flachen Fluss. In den Stromschnellen höre ich Steine am Rumpf schrabben, aber der Motor hat genug Power und der Bootsführer genügend Ortskenntnis. Immer schmaler wird das Tal, immer höher die Felswände am Ufer, bis unser Guide vor einer kräftigen Stromschnelle wendet. Oberhalb dürfen nur noch einheimische Fischer mit spezieller Lizenz hin - kein Zutritt für Touristen. Finde ich gut.
Über Tromsø fahren wir auf die Insel Senja, das gute Wetter verfolgt uns weiter. Hier erleben wir die schönsten Lichtspiele bisher: Wolken über dem Meer, die unten einen Streifen freilassen, durch den am späten Abend die Sonne noch einmal bricht. Herrje, ist das großartig! Es ist August, um Mitternacht ist die Sonne bereits wieder jenseits des Horizonts, aber das Licht ist genauso sensationell wie im Juni!
Auch wenn ich mich in Senja ein wenig verliebt habe, müssen wir weiter, wir haben noch einen Termin in Nordschweden. So führt uns die Tour über Narvik Richtung Polarkreis nach Süden, bevor wir über die Berge nach Schweden abbiegen. Die Begrüßung ist unfreundlich: Zweihundert Kilometer mit Starkregen stellen die Klamotten auf eine harte Probe. Andererseits: Wenn wir die breiten Ströme wie den Vindelälv mit genug Wasser in den Stromschnellen sehen wollen, müssen die Flüsse auch gefüttert werden. Und am nächsten Tag hat uns die Sonne wieder. Wir rollen am Umeälv bis Lycksele, wo die Arbeit auf uns wartet. Sind wir eigentlich noch nördlich des Polarkreises? Ist das noch wichtig?
Ralf Schröder